Janas Gedichte

fluss

bin ich
flussbett ebenso
aber auch wasser
ufer auch
und schwimmerin
alles zugleich
du stehst
da
und
schaust mir beim schwimmen zu
beim fliessen auch
gibst mir tipps
über die strömung
die ich bin
über die strudel
die ich erzeuge
über ruhige passagen
die ich zulasse
von aussen
sieht es aus
als sei dein tipp
not wendig
und ohne ihn
würde ich
vielleicht
ertrinken
manchmal willkommen
was du mir zurufst
manchmal nervig
dass du dich einmischst

aber
ich steh ebenso
an deinem ufer
und schaue dir
beim schwimmen zu
beim fliessen
und
beim dasein auch
wohl
wären wir
alle
bereits
versoffen
wären da nicht
die anderen

© by dm/Jana/30.8.06

*****

vielleicht

bin ich
tatsächlich ein bisschen
so
wie du mich
heute
siehst
vielleicht
siehst du mich
morgen schon
anders
vielleicht
liebe ich mich
von jetzt an
ganz und gar
vielleicht
gelingt es mir nicht
vielleicht
liebe ich dich
von jetzt an
mein leben lang
vielleicht
gelingt es mir nicht
vielleicht
sehe ich die welt
von jetzt an
so
wie grad jetzt
vielleicht
morgen schon
wieder anders
vielleicht
bin ich
von jetzt an
geduldig
angepasst
und
ganz und gar
vernünftig
vielleicht
bin ich
von jetzt an
die närrin
die die welt verkehrt herum
sieht
vielleicht
bin ich heute
ein sonnenstrahl
ein sommervogel
ein tautropfen am birkenblatt
vielleicht
morgen schon
eine flutwelle
ein vulkanausbruch
ein erdbeben
bin
unfassbar
unbegreiflich
wandelbar
launisch
göttlich
teuflisch
alles
nichts
eins
weiss ich gewiss
bin
nie
ohne
verlangen
nach
liebe
heilung
und
wandel

© by dm/Jana/7.5.06

*****

jetzt

während ich hier sitze
im selben jetzt
wird
irgendwo
ein kind geboren
ein baum gefällt
ein brief geschrieben
ein lied gesummt
eine beziehung beendet
ein ritual gefeiert
ein mann erschossen
eine melodie komponiert
ein kind gezeugt
ein schuss gesetzt
eine sonnenblume in eine zu kleine vase gesteckt
eine weitere schlaflose nacht mit tabletten verhindert
ein kranker mensch in die klinik eingewiesen
eine rote rose geschenkt
eine frau vergewaltigt
eine diagnose für unheilbaren krebs gestellt
ein krieg angezettelt
ein karrikatur kreiert
ein telefongespräch geführt
ein brand gelegt
ein kaffee getrunken
eine zigarette geraucht
eine bombe gezündet
ein gebet gesprochen
ein versprechen gebrochen
jetzt
während
ich
hier
sitze
und
schreibe
im selben jetzt

© by dm/Jana/16.2.06

*****

eis

unter den füssen
gefrorener see
schritt für schritt
höre
spüre
gehe
ich
weiter
abwartend
und dann
wieder
schritt für schritt
höre
spüre
gehe
ich
weiter
mutig
zu
sein
wage
ich
zögernd
mitten auf dem see
erkennend
dass ich eben
da bin
wo ich bin
und der rückweg
so weit ist
wie der weg vor mir
ans andere ufer
keine abkürzung möglich
nur vorwärts
mutig vorwärts

© by dm/Jana/18.2.06

*****

meine spuren

abwärts
aufwärts
vorwärts
rückwärts
auswärts
einwärts
unterwegs
hinterlasse
ich
spuren
mein weg
mein faden
sichtbar
da
bin
ich
erdig
verbunden
diesseitig
lebendig
atme
ich
kraft

© by dm/Jana/30-11-04

*****

feuerball

frau der erde – hügel – bin ich
liege hier
zerrissen
gerissen
aus meiner mitte
du – mein sohn

in meiner mitte
explosion
blut
lavagleich
feuer
feuerball
sonnenaufgang
wandelt
tröstet
heilt
mein wundes herz

© by dm/Jana/10.11.04

*****

wieder jetzt

jetzt – nicht irgendwann
nicht gestern
als mein sohn für immer ging
nicht morgen
wenn ich arbeiten werde
jetzt
jetzt ist die einzige zeit
die ich gestalten kann
erinnerungen – illusionen
vergangenheit – vorbei
pläne -illusionen noch
zukunft – unfassbar
jetzt lege ich die spur für den nächsten schritt meiner füsse
rolle ich den teppich hinter mir ein
rolle ich den teppich vor mir auf
nur ein stück weit
nur so
dass ich den nächsten schritt tun kann
doch da ist die trauer und der schmerz
über das vergangene
illusion nur?
ja, und doch
gegenwärtiger schatten meines lebens
von gestern
da ist auch spannung und angst sogar
vor dem zukünftigen, dem unbekannten
illusion nur?
ja, und doch
gegenwärtiger schatten meines lebens
von morgen
und doch ist da letztlich nur das jetzt und die liebe
alles andere ist unfassbar
und schon wenn ich
jetzt
schreibe
sind die ersten zeilen
vergangenheit
und die noch ungeschriebenen zeilen
zukunft

alles miteinander im jetzt
gebündelt
wie dias
aufeinander gelegt
und mit dem projektor an die wand gebannt
chaotisches bild
alles miteinander im jetzt
unentrinnbar
ausgeliefert dem wandel
bereit zu aufbruch
hänge ich am alten
ringe um die kraft
loszulassen
und weiss doch
es gibt keinen anderen weg
der einzige weg da raus
ist mitten durch

© by dm/Jana/8.10.03

*****

rosen im garten

des lebens
ich nehme teil
an ihrem gedeihen
giesse die trockene erde
freue mich an den vielen farben
jäte unkraut und
setze lavendel
gegen läuse
lese raupen ab
ausser der paar für die schmetterlinge
freue mich
an jeder einzelnen blüte
tief berührt
von ihrer schönheit
gezähmt zähme ich sie
ich liebe euch alle
ihr kostbaren rosen
bin verantwortlich
zeitlebens
dem kleinen prinzen gleich
für euch
kann
niemals so tun und leben
als gäbe es euch nicht
und dann
– ich bin ganz hilflos und schwach –
spüre ich
dass die zeit
die ich für meine rosen
verloren habe
niemals verloren geht
zurück kommt
austauschend
fliessend
trost
hilfe
kraft
liebe
niemals verloren

© by dm/Jana
meinen lieben mitmenschen und st. exupéry in dankbarkeit gewidmet

*****

der rucksack

lastet
schwer
auf meinem rücken
verspannt
der nacken
der kopf
schmerzt
der atem
kurz
ich blicke auf den weg
vor mir
unter mir
es graut mir
so weit noch
so weit
immer abwärts
die beine
weich
die muskeln
müde
kaum mehr kraft
ins tal schaue ich
der weg
einer schlange gleich
windet sich
durch unwegsames unbekanntes land
angst
nie anzukommen
zu schwach zu sein
ich blicke auf meine füsse
konzentriere mich
schritt für schritt
zu gehen
da
neue kraft in mir
konzentration
ein fuss vor den andern setzend
finde ich mich im tal wieder
raste
und wage den aufstieg
schritt für schritt
das ziel
weniger
wichtig
als der weg
nur die gegenwart ist wirklich
wichtig
und
den schritt
bewusst
und
gegenwärtig
zu tun
als gäbe
nein!
denn es gibt
nichts
wichtigeres
als ihn
meine schritt
mit ganzem herzen
zu
tun

© by dm/Jana