geboren am 12. Juli 2000, gestorben am 12. Juli 2003
Mein Sohn Lars ist im Alter von drei Jahren, genau an seinem dritten Geburtstag, gestorben.
Wenn mich Kinder fragen, weshalb er gestorben ist, und dies geschieht meistens in einer einfachen, natürlichen, nicht von Tabus verstopften Atmosphäre, erzähle ich es so: „Weißt du, der Papa von Lars hat ein ganz krankes, trauriges Herz gehabt. Er hat nicht gerne auf dieser Welt gelebt!“ Spätestens hier schauen mich die Kinder fragend an. „Wie kann ein Mensch denn nicht gerne leben?“ scheinen sie fragen zu wollen, vor allem dann, wenn sie noch jünger sind und noch nichts Gravierendes, Tragisches erlebt haben. Oder selbst wenn… „Ja, und als ich dann nicht mehr mit dem Papa zusammenleben mochte, weil es so schwierig wurde und er immer noch trauriger geworden ist, bin ich weggezügelt. Ich habe gehofft, dass jetzt der Papa sagt: „Okay, jetzt gilt’s ernst. Jetzt packe ich mein Leben wieder!“ Aber der Papa war schon so fest krank im Herz, dass er nur noch sterben wollte. Und weil er es nicht ausgehalten hat, sich von unserem Sohn Lars zu trennen und Lars hier auf dieser für ihn so bösen Welt zu lassen, hat er ihn mitgenommen! Das ist für mich ganz schlimm und ich vermisse ihn ganz fest!“
„Dein Tod ist für mich noch immer ein grosser Schock. Dein Vater, den ich eins so sehr liebte, hat es nicht geschafft, das Leben, das er hatte, so zu leben, dass er glücklich sein konnte. Er fand das Leben so schlimm, dass er es sogar dir, Lars, ersparen wollte … und hat euch beide umgebracht. Du bist Lachen, dein Strahlen hat alle berührt, deine Kreativität mit Steinen, Sand, Wasser oder Lego und anderen Spielsachen war genial. Deine Sprache war so kreativ! Wie viele Wörter du geschaffen hast! Mit dir Baden, Tanzen, Kuscheln, Bücher erzählen, Spielen, Backen, Kochen … war für mich soooo schön!“ (Nov. 03)
Was ich den Kindern nicht erzähle, ist, wie schwierig das Zusammenleben mit einem psychisch kranken Menschen ist. Wie sehr ich gelitten habe und wie sehr ich Angst um Lars hatte und um dessen emotionale Sicherheit. Der Tod meines Sohnes war das schreckliche Ende einer schwierigen Zeit und der Beginn einer wiederum sehr schwierigen Zeit. Nach der Zeit der ersten Trauer und des Schockes, der Zeit der Wut und der Verzweiflung fand ich einen Weg, mit der Trauer besser umzugehen. Auf meinem Weg bin ich auf andere Eltern gestossen, die Kinder loslassen mussten. Da ist sogar wieder Lachen und Lebensfreude möglich geworden. Dadurch, dass ich persönlich an ein Weiterleben nach dem Tod glaube, kann ich auch die Begegnungen mit Lars nach dessen Tod als Realitäten, und seine Ermutigungen an meine Adresse als Bestärkung für mein Leben annehmen.
Ich bin dankbar für all die schönen Stunden mit meinem Sohn Lars, auch wenn es nur drei Jahre waren, so ist doch sein Lachen für mich das schönste Geschenk meines Lebens.
dm/frühling 04/ © by girasol-team
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Am 17. April 04 im ‚Bund‘ In der Wochenendbeilage ‚Kleiner Bund‘ beschreibt die freie Journalistin Regula Tanner, selbst Mutter zweier Kinder, die Trauerarbeit einer Mutter, die ihr Kind verloren hat. |