Ohne Uns

Vierzig Wochen plus drei und als der Zeitpunkt gekommen war, dich Fremden übergeben, in einer Sporttasche fortgetragen. Während die Stunden ohne dich mir im Sekundentakt die Haut vom lebendigen Leib zogen und ich durch die Kälte auf den Friedhof eilte, war ich nur noch rohgefühltes Fleisch. Als ich dich dort ein letztes Mal wiedersah. Das Tuch ein letztes Mal von deinem Gesicht zog, als würde ich daran mit dir ersticken. Ließen wir dich Stück für Stück in die Tiefe, gaben dich für immer auf diesen Grund. Endlos die Erde, die nach und nach in die Tiefe fiel, nicht rieselte, auf dein fliederfarbenes Tuch. Während ich mir den Bauch hielt, aus dem mich deine Leere nun ununterbrochen anschrie. Wollte ich mir die Ohren zuhalten und hielt mir den Bauch. Weil wir uns auf namenlosem Boden verloren hatten, statt uns zu halten. Kannten wir uns nicht mehr, sein Blick meinem fremd. Erlebten wir dasselbe, voneinander getrennt. Und fragten uns dennoch, ob die Götter besänftigt, uns vielleicht verschont hatten. Und wir sahen genauer hin, und wir fanden uns nicht wieder. Wir war nicht mehr das alte und wir fanden kein neues. Weil wir uns nicht an zwei erinnern konnten, nachdem Wir einmal drei war. Bleibt ein Fehlen, bleibt ein Anderes, ein Zwischen Sein, ein Ohne Uns.

Quelle: Lilium Rubellum (Seite 70) von Kathrin Schadt (siehe  Medientipps)

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